Abnehmen, mehr Zeit mit der Familie verbringen, weniger fernsehen – Millionen Deutsche setzen sich Jahr für Jahr ehrgeizige Ziele zu Neujahr. Doch nur die wenigsten schaffen es, ihre Neujahrsvorsätze dauerhaft in die Tat umzusetzen. Warum ist das so? Es ist die Macht der Gewohnheiten. Ich verrate Ihnen, wie Sie Ihr Unterbewusstsein austricksen und Ihre lästigen Gewohnheiten ändern können.
Neujahrsvorsätze: ein Versuch, seine ungewollten Angewohnheiten hinter sich zu lassen
An Silvester verabschieden wir traditionell das alte Jahr. Feste Rituale wie Bleigießen, Raketen aufsteigen lassen oder zu Mitternacht gemeinsam anstoßen gehören für die meisten ebenso dazu wie Neujahrsvorsätze. Die Krankenkasse DAK-Gesundheit veröffentlicht jedes Jahr eine Liste mit den beliebtesten Neujahrsvorsätzen der Deutschen. Der Großteil der Befragten verfolgt dabei das Ziel, im nächsten Jahr ein gesünderes Leben zu führen. Die folgenden Neujahrsvorsätze schafften es im vergangenen Jahr unter die TOP 10:
- Stress abbauen
- Mehr Zeit mit der Familie oder Freunden verbringen
- Mehr Bewegung/ Sport
- Mehr Zeit für sich selbst
- Gesündere Ernährung
- Abnehmen
- Sparsamer sein
- Weniger Handy, Computer und Internet
- Weniger Fernsehen
- Weniger Alkohol trinken
Gewohnheiten bestimmen unser Leben
Unsere Angewohnheiten bestimmen in vielen Situationen unser Handeln, ob wir wollen oder nicht. Psychologen gehen davon aus, dass bis zu 50 Prozent unseres täglichen Handelns durch Gewohnheiten geprägt ist. Diese können unseren Alltag erleichtern, lästig oder sogar schädlich für uns sein. Um die Macht unserer Angewohnheiten zu verstehen, ist es wichtig, die Mechanismen hinter diesem Phänomen zu kennen. Gewohnheiten sind Verhaltensweisen, die Menschen regelmäßig in denselben oder ähnlichen Situationen ausüben, ohne viel darüber nachzudenken. Sie laufen weitestgehend automatisch ohne bewusstes Denken ab.
Tierexperimente legen nahe, dass bestimmte Gehirnareale bei Säugetieren, die sogenannten Basalganglien, eine Art Handlungsgedächtnis darstellen, in dem alle Bewegungsmuster abgelegt sind, die sich im Laufe des Lebens als erfolgreich erwiesen haben. Vereinfacht ausgedrückt: Die Basalganglien lenken unser Verhalten automatisch in bestimmte Muster, sobald wir ritualisierte Handlungen wie Zähneputzen oder Händewaschen beginnen. Ausgelöst werden diese durch bestimmte Reize wie das Betreten des Bades oder den Blick auf unsere Schuhe. Der Rest des Gehirns ruht derweil. Auf diese Weise spart unser Körper wertvolle Energie. Zudem können wir diese Zeit nutzen, um beispielsweise wichtige Entscheidungen zu treffen oder den Tag zu planen.
Ob eine Verhaltensweise zu einem festen Ritual wird, hängt entscheidend davon ab, ob die Handlung mit einer Belohnung verknüpft ist. Denn sobald wir die Erfahrung machen, dass eine bestimmte Verhaltensweise (zum Beispiel Zähneputzen) zu einer Belohnung (saubere Zähne) führt, entsteht in uns der Drang, diese möglichst häufig zu wiederholen. Verantwortlich dafür sind Botenstoffe, die unser Gehirn ausschüttet, wir fühlen uns wohl.
Wie Sie Ihre Gewohnheiten ändern
Wir halten fest: Gewohnheiten wirken sich positiv sowohl auf den Energiehaushalt unseres Körpers als auch kurzfristig auf unser Wohlbefinden aus. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jede Angewohnheit für uns Menschen auf Dauer vorteilhaft ist. Viele feste Verhaltensmuster wie Rauchen, hoher Alkoholkonsum oder Bewegungsmangel können zu ernsthaften körperlichen wie geistigen Schädigungen führen. Nicht nur zu Neujahr versuchen daher viele Menschen ihre Laster aufzugeben – ein Großteil scheitert. Häufig ist eine fehlende oder mangelhafte Strategie der Grund.
Um Angewohnheiten dauerhaft zu verändern, empfehlen viele Psychologen die kognitive Verhaltenstherapie. Bei dieser lernen Betroffene in drei Schritten, wie sie ihre lästigen Gewohnheiten ändern können. Der erste Schritt besteht darin, seine ungeliebten Verhaltensmuster zu erkennen. Besonders wichtig sind dabei Erkenntnisse zum auslösenden Reiz und dem Kontext, in dem die ritualisierte Handlung in der Regel auftritt. Häufig ist eine Gewohnheit nämlich mit einer bestimmten Situation verknüpft. Raucher greifen beispielsweise vermehrt zur Zigarette, wenn sie ausgehen oder trinken, und Menschen, die an ihren Fingernägeln kauen, tun dies oft in stressigen Situationen.
Wer sein Verhalten ändern möchte, sollte daher auch den Kontext ändern – zumindest vorübergehend. Wenn Sie weniger fernsehen möchten, sollten Sie den Fernseher zudecken oder sogar in den Keller verfrachten. Für Raucher kann es hilfreich sein, erst einmal auf Barbesuche zu verzichten, wenn sie ihr Laster aufgeben möchten.
Mit kleinen Schritten und Belohnungen zum Erfolg
Im dritten Schritt der kognitiven Verhaltenstherapie lernt der Patient, seine ungewollten Gewohnheiten durch andere ritualisierte Handlungen, die weder lästig noch schädlich sind, zu ersetzen. Für Menschen, die weniger fernsehen möchten, bieten sich zum Beispiel Ersatzhandlungen wie Lesen oder Malen an. Menschen, die an ihren Nägeln kauen, lernen häufig, stattdessen ihre Fäuste zu ballen oder ihre Finger zu verschränken.
Wichtig dabei ist, dass die Verhaltensänderung mit einem Auslösereiz verbunden und durch Belohnungen verstärkt wird. Haben Sie sich vorgenommen mehr Sport zu treiben, können Sie Ihre Turnschuhe neben das Bett stellen. Nach dem Sport sollten Sie Ihre Leistung belohnen – zum Beispiel mit einem entspannten Frühstück. Auf diese Weise lernt das Gehirn allmählich, das Aufstehen mit Sport zu verknüpfen, Frühsport wird zu einer Gewohnheit.
Bei großen Zielen wie dem Verzicht auf Nikotin hilft es, sein Vorhaben in kleine Schritte zu unterteilen. Versuchen Sie beispielsweise, jede Woche zwei Zigaretten weniger pro Tag zu rauchen. Entscheidend für den Erfolg ist darüber hinaus die Unterstützung von Freunden, Familie oder anderen Betroffenen. Es kann ein großer Ansporn sein, mit Freunden laufen zu gehen. Falls Sie Gewicht verlieren möchten, kann es von Vorteil sein, einer Abnehmgruppe beizutreten.
Fazit: Seine ungeliebten Gewohnheiten zu ändern, ist äußerst schwierig. Es braucht Ausdauer, Strategie und die Unterstützung durch Vertraute, um Angewohnheiten dauerhaft abzulegen. Drei Schritte sind dabei für den Erfolg entscheidend:
- Erkennen Sie Ihre Gewohnheiten sowie die Auslösereize und Kontexte, in denen die ritualisierten Handlungen häufig stattfinden.
- Legen Sie Ihre ungeliebten Angewohnheiten bewusst ab. Häufig hilft es, wenn Sie Ihr Vorhaben in kleine Schritte unterteilen. Suchen Sie sich zudem Unterstützung.
- Ersetzen Sie Ihre alte Gewohnheit durch eine neue, die weder lästig noch schädlich ist.