Burnout ist seit längerem in aller Munde, ist teilweise ein Modewort geworden. Dabei spaltet die Frage, was Burnout genau ist, noch immer die Fachwelt. Eine einheitliche Definition gibt es nicht. Meist wird Burnout als ein Zustand starker emotionaler und körperlicher Erschöpfung durch chronische Überforderung beschrieben. Ein fest umrissener Symptomkatalog existiert jedoch nicht. Häufig überschneiden sich die Krankheitszeichen mit denen einer Depression. Burnout zu erkennen, ist daher schwierig. Hilfreich ist in jedem Fall, die Hintergründe des Syndroms zu kennen.
Burnout erkennen: Begriffsdefinition und Verlaufsphasen
Burnout gilt nicht als medizinische Diagnose, sondern lediglich als Rahmen- oder Zusatzdiagnose. Der Begriff, der übersetzt so viel wie „ausbrennen“ bedeutet, taucht erstmals in den Siebzigerjahren in Amerika im Zusammenhang mit Problemen bei Pflegeberufen auf. Wissenschaftlich widmete sich der amerikanische Psychotherapeut Herbert Freudenberger zuerst der schwierigen Thematik. Zusammen mit Gail North definierte er zwölf Phasen im Verlauf des Burnout-Syndroms, die in ihrer Reihenfolge variieren können:
- extremes Leistungsstreben, um besonders hohe Erwartungen erfüllen zu können
- Drang, sich selbst und anderen Personen etwas beweisen zu wollen
- Überarbeitung mit Vernachlässigung persönlicher Bedürfnisse und sozialer Kontakte
- Überspielen oder Übergehen innerer Probleme und Konflikte
- Zweifel am eigenen Wertesystem sowie an ehemals wichtigen Dingen wie Hobbys und Freunden
- Verleugnung entstehender Probleme, Absinken der Toleranz und Geringschätzung anderer Personen
- Rückzug und dabei Meidung sozialer Kontakte bis auf ein Minimum
- offensichtliche Verhaltensänderungen, fortschreitendes Gefühl der Wertlosigkeit, zunehmende Ängstlichkeit
- Entpersonalisierung durch Kontaktverlust zu sich selbst und zu anderen Personen; das Leben verläuft zunehmend funktional und mechanistisch
- innere Leere und verzweifelte Versuche, diese Gefühle durch Überreaktionen wie beispielsweise durch Sexeskapaden, übermäßiges Essen oder Drogen und Alkoholmissbrauch zu überspielen
- Depression mit Symptomen wie Gleichgültigkeit, Hoffnungslosigkeit, Erschöpfung und Perspektivlosigkeit
- erste Gedanken an einen Suizid als Ausweg aus dieser Situation; akute Gefahr eines mentalen und physischen Zusammenbruchs
Burnout erkennen: Alarmzeichen
Ende des vergangenen Jahrhunderts entwickelte die amerikanische Psychologin Christina Maslach das Maslach Burnout Inventory, den bis heute am häufigsten verwendeten Fragebogen, um das Burnout-Syndrom zu diagnostizieren. Als Hauptmerkmale definiert sie emotionale Erschöpfung, Gleichgültigkeit und Zynismus sowie verringerte Leistungsfähigkeit. Weitere körperliche wie geistige Anzeichen, die auf Burnout hindeuten können, sind:
- Körperliche Alarmsignale:
- Anhaltende Müdigkeit, Erschöpfung und Energiemangel
- Schlafstörungen
- Konzentrationsstörungen, Neigung zu Tagträumen und Unproduktivität
- Gedächtnisschwäche
- Verspannungen, vor allem in der Hals- und Schultermuskulatur, Rückenschmerzen und Kopfschmerzen
- Tinnitus und Hörsturz
- Immunschwäche und häufige Erkältungen
- Magen-Darm-Beschwerden
- erhöhter Puls und Blutdruck
- sexuelle Probleme und mangelnde Lust
- Gesteigerter Hang zu Süchten
- Geistige Alarmsignale:
- verringerte emotionale Belastbarkeit
- leichte Reizbarkeit
- Gefühl der Niedergeschlagenheit und Entmutigung
- Desillusion und Frustration
- Gefühl der Hilflosigkeit und Ohnmacht
- Gefühl der inneren Leere
- vermindertes Einfühlungsvermögen
- Gefühl der Überforderung
- mangelnde Fähigkeit, sich auf Neues einzulassen
- Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen
Burnout erkennen: Mögliche Ursachen
Bei der Entstehung des Burnout-Syndroms spielen sowohl äußere Umstände als auch die Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen eine Rolle. Typische Auslöser können sein:
- Äußere Umstände:
- hohe Arbeitsbelastung und Stress
- prekäre Arbeitsbedingungen (Befristungen, Leih- und Zeitarbeit, Niedriglohn, Überstunden, Schichtsystem, eingeschränkte Arbeitnehmerschutzrechte)
- finanzielle Probleme
- fehlendes oder wenig positives Feedback
- ständige Konfrontation mit Problemen
- zu hohe oder unklare Erwartungen und Zielvorgaben
- mangelhafte Arbeitsorganisation, Strukturen und Rahmenbedingungen
- schlechte Teamarbeit, Konflikte und Kompetenzgerangel
- Überforderung durch zu komplexe oder sich ständig ändernde Aufgaben
- drohender Arbeitsplatzverlust
- prekäre Familienverhältnisse
- Charaktereigenschaften:
- sehr hohe Ideale, übergroßer Ehrgeiz
- Perfektionismus
- Angst vor Ablehnung
- Angst, den Erwartungen anderer nicht zu entsprechen
- Angst vor Versagen und Kritik
- Wunsch nach Anerkennung, Wertschätzung
- Ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein
Genetische Disposition
Eine weitere Risikoquelle für die Entstehung des Burnout-Syndroms liegt in unseren Genen. Es gilt als erwiesen, dass die die Anfälligkeit für eine psychische Krankheit zu einem gewissen Grad vererbbar ist. Forscher gehen beispielsweise davon aus, dass das Auftreten einer Depression zu circa 70 Prozent genetisch bedingt ist und nur zu etwa 30 Prozent von der jeweiligen Lebens- und Arbeitssituation beeinflusst wird. 2012 wies die Arbeitsgruppe um die schwedische Forscherin Pia Svedberg in einer Zwillingsstudie nach, dass auch Burnout eine erbliche Komponente besitzt. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass das Burnout-Syndrom zu rund einem Drittel auf das Konto der Gene geht.
Burnout erkennen: Behandlungsmethoden
Die Behandlungsmethode bei einer Burnout-Symptomatik unterscheidet sich je nach Belastungsausprägung und Persönlichkeit des Betroffenen. Zu Beginn der Symptomatik hilft eventuell noch eine längere Erholungsphase oder ein Arbeitsplatzwechsel. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, sollten sich die Betroffenen einer gezielten Psychotherapie unterziehen. Diese hilft dem Patienten dabei, die Ursachen des Syndroms zu erkennen und die Zusammenhänge zwischen seiner psychischen Verfassung und seiner Lebensführung und/oder Arbeit zu verstehen. Grundsätzlich gibt es mehrere Therapieprogramme mit unterschiedlichen Maßnahmen. Burnout-Betroffene können sich ambulant therapieren lassen, eine Tagesklinik aufsuchen oder sich stationär im Rahmen einer Kur oder psychiatrischen Behandlung behandeln lassen. Die Entscheidung bleibt dem Patienten überlassen.
Derzeit gibt es drei Therapieschulen, die in Deutschland von den Krankenkassen zugelassenen sind: die Verhaltenstherapie, die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die Psychoanalyse. Die Verhaltenstherapie zielt darauf ab, bestimmte Verhaltensmuster des Burnout-Patienten nachhaltig zu verändern. Betroffene erlernen beispielsweise, ihre Ansprüche an sich selbst herabzusetzen oder Kritik anzunehmen. Darüber hinaus erlernt der Patient eine gesunde und geordnete Lebensführung. Auch konkrete Maßnahmen zur Stressbewältigung werden besprochen und angewendet. Bei der tiefenpsychologisch fundierten Therapie und Psychoanalyse schaut der Psychologe verstärkt auf die tieferliegenden Gründe für das Verhalten des Patienten geschaut. Zum Beispiel: Gibt es einen Auslöser in der Kindheit, warum der Patient starke Selbstzweifel hat?
Große Vorteile für die Erholungschancen von Burnout-Betroffenen bietet in der Regel ein mehrwöchiger Aufenthalt in einer Kur- oder psychiatrischen Klinik. Hier kann sich der Patient voll auf sich selbst konzentrieren kann, ohne seinen alltäglichen Pflichten nachkommen zu müssen. Die Kliniken setzen bei der Behandlung unter anderen auf Einzel- und Gruppegespräche, Sport und Entspannungsübungen wie Yoga oder Meditation sowie Ergo- und Kunsttherapien.