Sie ist Schauplatz einer der größten Glaubenskriege, die es, abgesehen von dem noch furchtbareren Kampf der Religionen gegeneinander, seit Jahrhunderten gibt: die Evolutionstheorie.

Im Jahre 1859 versetzte der Wissenschaftler Charles Darwin der gesamten theologischen Glaubenswelt mit seinen Beiträgen zur Evolutionstheorie einen fundamentalen Tiefschlag. So behauptete er in seinem Buch „On the Origin of Species“, dass sich der Mensch aus jahrmillionenlanger Auslese entwickelt hat. Fast zwanzig Jahre lang traute er sich nicht, seine Erkenntnisse zu veröffentlichen, denn die Kirche ging in ihrer Geschichte nicht immer freundlich mit ihren Kritikern um. Wir erinnern uns nur an die Inquisition, die versuchte, die vielen astronomischen Entdeckungen von Galileo Galilei (15. Februar 1564–8. Januar 1642) zu unterdrücken. Die Schöpfungsgeschichte infrage zu stellen, war ebenfalls ein geradezu unerhört ketzerischer Ansatz.

Die Evolutionstheorie und die Frage der Entwicklung des Lebens

Die Grundidee der „natürlichen Auslese“ besagt stark vereinfacht: Lebewesen vermehren sich in größerer Zahl, als aufgrund des beschränkten Nahrungs- oder Raumangebots eigentlich existieren können. Dies führt zum „Kampf ums Dasein“, bei dem diejenigen Individuen überleben, die aufgrund bestimmter, zufällig erworbener Eigenschaften zweckmäßiger an die vorgefundenen Lebensumstände angepasst sind. Über ungezählte Generationen hinweg führen Merkmalsvariation und Ausleseprinzip zu einer allmählichen Veränderung der Arten, zu völlig neuen Lebensformen und schließlich über eine Vielzahl von Zwischenstufen (hier insbesondere die Schimpansen) zur Ausbildung des ersten Menschen.

Die Entstehungsgeschichte der Menschheit sowie der Sprung
zum Homo sapiens sapiens liegen im Spannungsbogen zwischen
Religion und Wissenschaft. Die Theorien sind vielfältig

Die unerhörte Erkenntnis Darwins war, dass diesem Prozess keinerlei göttlicher Schaffungsakt zugrunde liegt, dass zufällige Mutationen und umweltbedingte Notwendigkeiten die einzigen echten Kräfte in diesem langsam ablaufenden Entwicklungsprozess sind. Evolutionsbiologen weisen immer wieder darauf hin, dass die Evolution auch ganz anders hätte ausgehen können, je nachdem welchen Umwelteinflüssen das System ausgesetzt war. Was wäre passiert, wenn nicht ein großer Meteoriteneinschlag (eine viel diskutierte Theorie) die Dinosaurier von der Erde hätte verschwinden lassen?

In der religiösen Sichtweise sieht das natürlich etwas anders aus. Die zweite Schöpfungsgeschichte (1. Mose, Kapitel 2, Vers 7) beschreibt: „Da formte Gott, der Herr, den Menschen aus Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen.“ In Vers 21 und 22 heißt es dann weiter: „Da ließ Gott, der Herr, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, sodass er einschlief, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. Gott, der Herr, baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu.“

Gerade diese Stelle führt bei meiner Frau immer zu Gefühlausbrüchen, wenn ich darauf verweise, wie das weibliche Geschlecht entstanden ist. Aber vielleicht wollte die Bibel damit ja nur einen diffizilen Evolutionsprozess beschreiben?

Evolution in Schüben?

Der bekannte amerikanische Evolutionist und Paläontologe Prof. Niles Eldredge äußert hinsichtlich der so extrem uneinheitlichen Richtung innerhalb der wissenschaftlichen Liga wie folgt seine Bedenken: „Gelegentlich hat es den Anschein, als gäbe es über jedes [evolutionäre] Thema genauso viele Ansichten, wie es Biologen gibt.“ In seinem bekanntesten Buch über dieses Thema geht er interessanterweise davon aus, dass es keine kontinuierliche Evolution gibt, sondern starke Schübe, in denen sich besonders viel verändert.

Welche Version besser gefällt, überlasse ich dem werten Leser selbst. Für dieses Buch ist es nicht so wichtig, wer den entscheidenden Impuls gegeben hat, um den ersten Menschen zu schaffen, sondern wir wollen uns mehr mit dem beschäftigen, was danach passierte.

Die ältesten menschenähnlichen Funde datiert man auf
6–7 Millionen Jahre: „Sahelanthropus tchadensis“. Man fand
sie im Juli 2001 in der Sahelzone in Zentralafrika

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Leider kann ich oder besser gesagt die Wissenschaft, auch den nächsten Punkt nicht zweifelsfrei präsentieren, nämlich wie alt die Menschheit ist. Als „Wiege der Menschheit“ werden seit einigen Jahren die Fundstätten hominider Fossilien in Südafrika bezeichnet. Als die ältesten Funde außerhalb Afrikas gelten die von Dmanisi, deren Alter auf 1,75 bis 1,8 Millionen Jahre datiert wurde. Auf 6 bis 7 Millionen Jahre datiert man den „Sahelanthropus tchadensis“, den man im Juli 2001 in der Sahelzone in Zentralafrika fand

„Toumaï“ könnte aus der Zeit der Trennung der Affen- und Menschenartigen (Hominiden) stammen und zwinge dazu, die bisherige Ansicht zu überdenken, dass Ost- und Südafrika die Wiege des Menschen seien, schreiben Projektleiter Michel Brunet und Kollegen im Juli 2002 im britischen Forschungsjournal „Nature“ (Michel Brunet et al., Nature, Band 418, 2002, S. 151).

Auf gute 6 Millionen Jahre wird der „Orrorin tugenensis“ geschätzt, den man im Oktober 2000 in der Boringo-Region in Kenia gefunden hat. Es gibt allerdings auch Autoren wie Michael Brandt, die von einem wesentlich geringeren Zeitraum von nur wenigen Zehntausend Jahren ausgehen. Brandt meint, dass unsere Bevölkerungszahl eigentlich bei einer so langen Existenzdauer viel höher sein müsste, oder es hätte lange Strecken mit Nullwachstum geben müssen. Auch die geringe Anzahl (= geringe Population) gefundener Steinwerkzeuge spricht gegen ein Millionenalter der Menschen.

Neue Disziplin: Die Archäometrie

Eindeutig widerlegt wird diese These durch neueste Funde von verbrannten Knochen, primitiven Faustkeilen und Pflanzen in einer Höhle in Südafrika. Diese Funde sind etwa 1 Million Jahre alt und belegen somit eindeutig, dass der Frühmensch, wie zum Beispiel der Homo erectus, bereits über die Fähigkeit verfügte, das Feuer zu beherrschen, und dass die Geschichte der Menschheit sich tatsächlich über so einen langen Zeitraum erstreckt.

Die Archäometrie beschäftigt sich mit der Altersbestimmung von archäologischen Funden. Damit ein wenig mehr Verständnis in die Diskussion über das Menschenalter kommt, anbei eine kurze Auflistung der bekannten Möglichkeiten zur Bestimmung. Meistens werden mehrere Methoden gleichzeitig durchgeführt, und deren gegenseitiger Abgleich führt dann zu einer höheren Wahrscheinlichkeit bei der Festlegung.

Die neue Wissenschaftsdisziplin der Archäometrie (griechisch: archaio: alt und metron: messen) ist eine Disziplin, in der Physiker, Archäologen, Geschichtler, Kunsthistoriker, Geologen und Atomphysiker fachbereichsübergreifend arbeiten, um durch Mehrfachuntersuchungen eine höhere Sicherheit in die Altersbestimmung zu bringen.

Anhand der bekannten Methoden konnte die Geologie im 19. Jahrhundert nur eine relative Zeitbestimmung durchführen. Das wirkliche Alter der Erde sowie die Zeitspanne der einzelnen Phasen konnten nur geschätzt werden. Eine Berechnung durch einen der bekanntesten Wissenschaftler der damaligen Zeit, Lord Kelvin, im Jahre 1862 ergab ein Erdalter von 20 bis 40 Millionen Jahren. Durch die Entdeckung der Radioaktivität wurden radiometrische Methoden zur Altersbestimmung entwickelt, die es möglich machten, relative geologische Zeiteinteilung absolut zu datieren.

Afrika wird als Wiege der Menschheit angesehen

Nikolaus Steno formulierte 1669 das Grundgesetz der Stratigrafie (Schichtenkunde): Aus Ablagerungen aus der Luft und durch Zersetzung der Oberfläche entwickeln sich Schichten. Bei ungestörten Schichtfolgen (Störung = z. B. Meteoriteneinschlag) liegen jüngere Schichten auf älteren.

Eine andere These von ihm definiert, dass sich das Leben auf der Erde „einsinnig“ entwickelt hat, also dass sich bestimmte Ereignisse einfach nicht wiederholen. Unter diesen Prämissen machte man sich daran, die Abfolge der Fossilien und Schichten aufzuzeichnen, in Profilen zusammenzufassen und global zu vergleichen. Daraus ergab sich die Einteilung der Erdgeschichte in vier große Zeitalter: Präkambrium, Paläozoikum, Mesozoikum und Känozoikum, und die Untergliederung in Teilperioden, wie beispielsweise des Mesozoikums in Trias, Jura und Kreide und gegebenenfalls auch noch nach lokalen Gegebenheiten.

Eine weitere bekannte Methode zur Altersbestimmung über die Radioaktivitätsmessung ist unter anderem die Kohlenstoffanalyse. In den obersten Luftschichten der Atmosphäre werden durch die energiereichen Strahlungen der Sonne und anderer Sterne Atome gespalten und radioaktive Nuklide erzeugt. Wird ein Atomkern von einem Neutronenstrahl getroffen, wird der Kern gespalten. Die Bruchstücke fliegen auseinander, kollidieren mit anderen Kernen und es entstehen neue, eben radioaktive Kerne, wie das 14C (C steht für Kohlenstoff).

Das radioaktive Nuklid 14C mit einer Halbwertszeit von 5730 Jahren wird durch Jetströme, das sind Winde in großen Höhen, und andere Wetterphänomene über die ganze Erde verteilt. Alles, was lebt, baut Kohlenstoff in seine Körper ein und unterscheidet dabei nicht zwischen radioaktiven oder nichtradioaktiven Atomen. Wenn das Lebewesen seinen Stoffwechsel einstellt, werden keine neuen Atome mehr aufgenommen, und der Zerfallsprozess dezimiert die vorhandenen Nukleotide.

Also ist nach 5730 Jahren nur noch die Hälfte vorhanden, danach nur noch ein Viertel, theoretisch so lange, bis nichts mehr nachweisbar ist. Man kann also aus der Anzahl der noch vorhandenen radioaktiven 14C-Atome in einem abgestorbenen Lebewesen den Todeszeitpunkt bestimmen. Doch reicht die Methode nur etwa 30- bis 40.000 Jahre zurück, und es gehört sehr viel Erfahrung dazu, denn die Anzahl der Kohlenstoff-Nukleotide war über die Jahrtausende nie konstant. Größere Sonnenaktivitäten, Vulkanausbrüche oder Brände können das Verhältnis zwischen dem radioaktiven und dem normalen Kohlenstoffatom in der Atmosphäre natürlich verändern.

Knochenfunde des Neandertalers liegen bei ca. 30–40.000 Jahren Alter

Eine ähnliche Methodik wird auch für andere Elemente angewendet, wie Kalium-Argon, Rubidium-Strontium, Thorium-230 und Blei. Welche Methode zur Anwendung kommt, wird durch die Zusammensetzung der Probe definiert. Scherzeshalber sei erwähnt, dass vor allem unsere Abfälle aus den Atomreaktoren zu den beständigsten Überbleibseln unserer Zeit gehören werden, denn Uran 238 hat eine Halbwertszeit von 4,5 Milliarden Jahren. Es gibt also keinen „sichereren“ Job, als in einem Endlager für Reaktorabfälle zu arbeiten.

Die wohl wichtigste und revolutionäre neue Erkenntnisse verschaffende Methode ist die DNA-Analyse. Jede Spezies verändert ihre Genstruktur aufgrund des spezifischen Umgebungsdruckes, also Nahrungsstruktur und Wetterbedingungen, in einer eindeutigen, wiedererkennbaren und vergleichbaren Art und Weise. Zwar kann man aus einem 60.000 Jahre alten Knochen keine komplette DNA mehr extrahieren, aber von den Mitochondrien, den Kraftwerken der Zellen, finden sich noch Exemplare, aus denen man Erkenntnisse gewinnen kann. Im Jahre 1997 hat man mehr als 30.000 Jahre alte Knochen, die dem Neandertaler zugerechnet werden, untersucht und kam zu erstaunlichen Ergebnissen. Aber davon später.

Ich persönlich würde mich aufgrund der vorhandenen Knochenfunde eher der Fraktion zuwenden, die den Beginn der Humaniden vor etwa 2 Millionen Jahren ansetzt, zumal wir nur sehr wenig davon wissen, was in der Zeit zwischen damals und heute tatsächlich so alles passiert ist. Katastrophen, Seuchen und sonstige gravierende Einflüsse könnten das Wachsen der Population stark beeinflusst, ja sogar zum Aussterben bestimmter Teile der Erdbevölkerung geführt haben. Da es darüber nun mal keine umfassende Geschichtsschreibung gibt, muss die Menschheit sich diese Erkenntnisse Stück für Stück erarbeiten.